Dienstag, 23. Juni 2015

Politik in Aktion: Der krönende Abschluss

Die Klasse 9c der Realschule Kerpen war äußerst
diszipliniert und hat einen großen Eindruck hinterlassen.
Kerpen - Erstmals haben sich in Deutschland Schülerinnen und Schüler mit einem laufenden Gesetzesvorhaben des Landtages beschäftigt, um sich in das reale politische Geschehen einzumischen. "Wir haben uns in den letzten Jahren für Kinder eingesetzt, die auf Tabakplantagen schuften oder die Fußbälle nähen müssen. Jetzt haben wir uns gedacht, dass wir uns mal für uns selbst einsetzen wollen", sagt selbstbewusst die 15jährige Oumaima und spricht für alle Mitschüler der Klasse 9c der Realschule Kerpen. Sie kennen an ihrer Schule einige Mitschüler, die in irgendeiner Weise mit einer Behinderung leben. Da war es doch spannend sich einzumischen, wenn NRW-Sozialminister Guntram Schneider ein Gesetz in den Landtag mit dem Ziel einbringt „die volle und gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderungen und die Beseitigung von Barrieren, die sie daran hindern“ zu erreichen.  

Brigitte Dmoch-Schweren,
Landtagsabgeordnete der SPD
Und heute, Dienstag, 23.6.2015, ist es endlich soweit. Die Landespolitiker des Kreises Rhein-Erft Rita Klöpper von der CDU,  Brigitte Dmoch-Schweren von der SPD und Yvonne Gebauer von der FDP (stellvertretend für den verhinderten Ralph Bombis) zeigen sich hocherfreut, mit welchem Engagement hier junge Menschen praktische Politik betreiben.

Haben die Politiker im Landtag schon darüber nachgedacht, wie es jungen Behinderten bei der Freizeitgestaltung geht? Da ist ein Schüler in der 5. Klasse, der deutlich gemacht hat, dass es für ihn unmöglich ist, ohne Dolmetscher auf einer Geburtstagsparty  die für ihn so wichtigen Gespräche zu verfolgen. Abgehängt! Da berichten die Jugendlichen von einem behinderten Jungen, der so gern in eine Disco gehen würde. Wie aber soll er ohne Inklusionshelfer Kontakte aufnehmen? Abgehängt. Den anwesenden Abgeordneten wurde die Dringlichkeit dieser Wünsche schnell klar. Es war schön zu beobachten, dass alle drei Abgeordneten sich eifrig Notizen machten. Das würden sie in die wenige Stunden später stattfindenden Fraktionssitzungen einbringen.

Rita Klöpper,
Landtagsabgeordnete der CDU
"Das Inklusionsstärkungsgesetz soll behinderten Menschen", so zitiert Aslihan, "die Chance geben, ihr Leben selbstbewusst und selbständig führen zu können". Da haben aber speziell Menschen mit geistigen Behinderungen bei wichtigen Behördenangelegenheiten große Schwierigkeiten, wie Merveille zu berichten wusste. Die Unverständlichkeit der verwendeten Sprache wäre ja auch für Jugendliche und für Migranten ein großes Problem. Das "Beamtendeutsch" sei, so gab Brigitte Dmoch-Schweren den Jugendlichen recht, schon sehr schwer zu verstehen. Das rühre aber daher, dass es juristisch abgesichert sein müsste. Aber trotzdem könne da bestimmt mehr getan werden. Rita Klöpper verwies darauf, dass die Klasse 9c bei ihrem letzten Besuch bei der Landtagspräsidentin Carina Gödecke, die übrigens die Schirmherrschaft für das innovative Projekt übernommen hat, um Mithilfe gebeten wurde. Der Versuch, Publikationen von den Schülern gegenlesen zu lassen auf ihre Verständlichkeit geht tatsächlich in die richtige Richtung.


Yvonne Gebauer,
Landtagsabgeordnete der FDP und
schulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion,
kam stellvertretend für Ralph Bombis,
der leider verhindert war.
Alle Schüler konnten Beobachtungen beisteuern, wie die Situation von Menschen mit körperlichen Einschränkungen in Bus und Bahn ist. "Es ist schlimm zu sehen, wie ein Rollstuhlfahrer nicht in den Bus kommt, weil die möglichen Hilfen nicht oder unzureichend genutzt werden oder bauliche Maßnahmen das erschweren", meint Oumaima.  Das neue Gesetz müsse die Städte und Kreise verpflichten, Aufzüge und Rolltreppen besser zu warten, den Bau von Rampen und  Blindenampeln unverzüglich umzusetzen und mehr Sitzmöglichkeiten für körperlich eingeschränkte Personen in Bussen und Bahnen zu ermöglichen. Zwar verwiesen die Abgeordneten hier auf die Zuständigkeit der Städte und Kreise, notierten sich aber doch, dass hier vielleicht auf mehr Eindeutigkeit geachtet werden muss.
Die Schüler haben den Abgeordneten einiges mit auf den Weg gegeben. Vor allem, dass es nicht reicht, es bei "Kann"-Bestimmungen zu belassen. Es reiche ihnen nicht, wenn gesagt würde, dass es schwer sei, Gebärdendolmetscher oder Inklusionsbegleiter zu finden. Hier müssen Rechtsansprüche entstehen, weil  sonst der notwendige Druck fehle, die teuren Maßnahmen umzusetzen.

Das Podium (v.l.): Brigitte Dmoch-Schweren, SPD, 
Schulleiterin Sabine Salmen, Rita Klöpper, CDU,
Günter Haverkamp, FRIEDENSBAND, Yvonne Gebauer, FDP,
Lehrerin Bettina Henke


Mit diesem Projekt, das von Aktion Weißes Friedensband begleitet wird, ist viel in Bewegung in Politik und Schule geraten. Bei den Jugendlichen hat das Hineinversetzen in Menschen mit Behinderung eine völlig neue Denkweise bewirkt. Die Politiker sind erstaunt, dass Jugendliche einer Realschule diese Reife und Zielgenauigkeit entwickeln, sich mit einem hochkomplexen Bereich unserer Gesellschaft zu beschäftigen und ihre ureigenen Kritikpunkte zu finden, die hoffentlich dem Gesetzesvorhaben gut tun. Und der Politikunterricht von Bettina Henke hat gezeigt, dass Landespolitik zum Greifen nahe in den Unterricht gebracht werden kann und den Jugendlichen ein unverkrampfter Umgang mit den Politikern möglich ist.

Montag, 22. Juni 2015

Sprachprojekt: Die Kleinsten überraschten uns

Die Kinder der 2. Klasse der Sternwart-Grundschule hatte zwar auch Sprichwörter ausgesucht,  sie aber in Sketchen als Gruppe vorgetragen.  "Lügen haben kurze Beine" zeigte sich ganz logisch dargestellt in einer kleinen Szene,  wurde aber gewürzt durch das Englische "Lies have no legs", was natürlich zum Lachen reizte. Alle hatten viel Spaß und zum Schluss zeigten die Kinder noch was sie drauf hatten: "Wir sind hier" riefen sie so laut, dass Christian Deckert den Ton zweimal herunterpegeln musste, und dann ebenso stolz und laut "Hier sind wir". Spitze war dann das internationale Lied der Kinder, dass es bestimmt auch auf die DVD schaffen wird.

Samstag, 20. Juni 2015

UN-Tag gegen sexuelle Gewalt in Konflikten

UNO erklärt 19. Juni zu Tag gegen sexuelle Gewalt in Konflikten
Frauen und Kinder in Konflikten sind besonders von sexueller Gewalt bedroht (Symbolbild)playFrauen und Kinder in Konflikten sind besonders von sexueller Gewalt bedroht (Symbolbild) (KEYSTONE/AP/EMRAH GUREL)
New York – Angesichts der Gräueltaten extremistischer Gruppen in Afrika und im Nahen Osten haben die Vereinten Nationen den 19. Juni zum Tag gegen sexuelle Gewalt in Konflikten erklärt. Der Vergewaltigung als Kriegswaffe müsse ein Ende gesetzt werden.
http://www.blick.ch/news/ausland/uno-uno-erklaert-19-juni-zu-tag-gegen-sexuelle-gewalt-in-konflikten-id3889196.html

Donnerstag, 11. Juni 2015

Viele gute entwicklungspolitische Filme

Die Sichtungsveranstaltung des Fernsehworkshop Entwicklungspolitik ist jedes Mal ein kleines Filmfest. Vom 11. bis zum 14. Juni 2015 kamen wieder AutorInnen, ProduzentInnen, FilmstudentInnen und PädagogInnen zusammen, um zu lernen. Wir nahmen viele Eindrücke mit, haben Neues erfahren, haben so manchen Blickwechsel genossen und heftig diskutiert.

Der Fernsehworkshop Entwicklungspolitik wurde vor über 40 Jahren von Film- und Fernsehmachern gegründet, um genau so einen Perspektivwechsel in Deutschland zu erreichen. Wie sehen wir die damals noch so genannte Dritte Welt? Blicken wir auf andere Kulturen und Lebensweisen herunter oder sind wir neugierig und an neuen Erfahrungen interessiert?

Als ich vor 16 Jahren das erste Mal dabei war, erlebte ich ganz persönlich diesen Perspektivwechsel. Die Neugierde ist geblieben und der Wunsch, diese wunderbaren Filme in die Öffentlichkeit zu bringen.    

Millions can Walk - Jan Sathyagraha. Marsch der Gerechtigkeit Christoph Schaub, Kamal Musale. Schweiz 2013, 88 Min.

Hunderttausend Inderinnen und Inder, landlose Bauern und Ureinwohner – die Adivasi – machen sich auf den Weg, um sich für ihre Rechte einzusetzen. Sie sind aus dem ganzen Land angereist, um gemeinsam für eine Existenz in Würde zu kämpfen. 


FRIEDENSBAND hatte 2007 zum ersten Marsch der Adivasi eine Aktion mit handwerklichen Erzeugnissen gemacht – einerseits um Bildungsarbeit zu machen und andererseits, um sie auch finanziell zu unterstützen. 

Dieser Film zeigt Menschen, denen alles genommen wurde. Trotzdem lassen sie sich nicht unterkriegen und bleiben trotz ihrer Wut friedlich. Der Marsch zur Hauptstadt ist ruhig und diszipliniert. Sie sind stolze und mutige Streiter gegen die Armut. Dieser Film macht Mut und regt dazu an, sich nicht abzufinden.


7 Tage in Kabul. Die Afghan Peace Volunteers wollen den Krieg abschaffen Niklas Schenck, Ronja von Wurmb-Seibel. Deutschland, Afghanistan 2014, 30 Min.
Die Afghan Peace Volunteers kämpfen für ein Ziel, das naiv scheint: Sie wollen den Krieg abschaffen - in Kabul und weltweit. Um ihr Ziel zu erreichen, leben die Jugendlichen in einer WG in Kabul zusammen. Sie versuchen, im Kleinen hinzubekommen, woran ihr Land im Großen scheitert: die Grenzen zwischen Etnien zu überwinden, die sich seit Jahrzehnten bekämpfen. Die Jugendlichen kommen aus allen großen Volksgruppen Afghanistans: Hasara, Tadschiken, Paschtunen. 

FRIEDENSBAND ist mit dem Wahlspruch gegründet worden „Konflikte friedlich lösen!“. Diese wundervoll naiven Jugendlichen leben es einfach. In einer Umgebung, die mehr und mehr wieder in einen Krieg abzugleiten scheint, möchten sie mit ihren traumatischen Erfahrungen einen Gegenpol setzen.


Der Film eignet sich sehr gut als Ausgangspunkt für eine Diskussion über zivile Konfliktlösungen, auch wenn – oder weil er viele Fragen unbeantwortet lässt.



Carmen Butta. Deutschland 2014, 44 Min.
Die fliegenden Jungen vom Gaza-Streifen brechen durch Akrobatik und Freerunning aus ihrem eingesperrten Alltag aus. "Parkour" heißt ihre Leidenschaft: die Kunst, von Körper und Umwelt gesetzte Grenzen zu überwinden. Immer neue Hindernisse spornen sie zu immer gewagteren Sprüngen an. Doch im Gazastreifen ist Parkour auch eine Zurückeroberung des abgeriegelten und religiös besetzten Lebensraums, in dem die strengen Sittenwächter der Hamas moderne Kunst, Tanz und westliche Musik verbieten. Auch Parkour beäugen die fundamentalistischen Islamisten argwöhnisch als Mode des dekadenten Westens. 

Diese wütenden Jugendlichen, denen keine Perspektiven auf dem Silbertablett gereicht werden, schaffen sich ihre eigene Welt, in der sie sich abreagieren und Siege erringen können.


Der Film zeigt auch Jugendlichen bei uns, die Ausweglosigkeit in Drogen oder zum IS treibt, eine Perspektive: Es gibt noch andere Wege. 


Christian Weinert, Ferdinand Carrière. Deutschland 2014, 87 Min.
Jährlich reisen mehr als 3.000 meist junge Deutsche nach Afrika, um in einer sozialen Einrichtung, in einer Organisation oder in einem Projekt einen mehrmonatigen Freiwilligendienst zu absolvieren. Was denken jedoch BegleiterInnen von Freiwilligen vor Ort über das Kommen und Gehen der deutschen Gäste? Welche sichtbaren und unsichtbaren Spuren hinterlassen Freiwillige in den Projekten aus Sicht von vor Ort lebenden Menschen? 

Dieser Film schafft eine neue Sichtweise auf unser Denken. Können wir wirklich Afrika beglücken mit unserer Lebensart. Wer kann von wem was lernen?


Ascan Breuer. Österreich 2013, 87 Min.
Zwei couragierte Frauen kämpfen für eine echte Teilhabe der verarmten Bevölkerungsmehrheit an der neuen Freiheit. Dafür schlagen sie sich durch das Dickicht der Machtstrukturen und die Smogschwaden einer Stadt, die aus allen Nähten platzt.

Der Stolz, mit dem diese Menschen für ihre Rechte kämpfen zeigt, dass auch die abgehängten Menschen ihre Rechte kennen und wahrnehmen können. 



Caroline Reucker. Deutschland 2014, 55 Min.
Eine syrische Familie kommt in Ostdeutschland an. Im Film wird deutlich warum sie geflohen ist, wie hart das Ankommen in der deutschen Wirklichkeit ist, wie die jungen Mädchen mit der neuen Heimat klar kommen und unterschiedlich die Eltern damit umgehen. 

Das gibt tiefe Einblicke, die und helfen können, die Flüchtlinge zu verstehen! Eine Anregung für alle, die Flüchtlingen helfen wollen.